Berlin, Tübingen | Gemeinsame Initiative zur Impfstoffgerechtigkeit von christlichen Gesundheitsorganisationen, Kirchen und Netzwerken.
Vor genau einem Jahr am 11. März 2020 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Ausbreitung des Corona-Virus zur Pandemie erklärt. Das Virus breitet sich weiter aus und neue Varianten verschärfen die Situation weltweit. „Um die Corona-Pandemie einzudämmen, brauchen wir vor allem eins: Impfstoff für alle“, sagt Dr. Gisela Schneider, Direktorin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission e. V. (Difäm). Bisher werden Impfstoffe nur von einigen wenigen Unternehmen hergestellt. Der weltweite Bedarf ist erheblich größer als die Produktionsmenge und für viele Länder sind die Impfstoffe zu teuer.
"Es bedarf neuer Wege, um mehr Impfstoff herzustellen“, sagt Dr. Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt. „Nur wenn auch in Afrika, Asien und Lateinamerika Impfstoffe produziert werden, kann es gelingen, alle Menschen zu schützen. Dazu müssten notfalls auch Zwangslizenzen erteilt werden.“ In den USA soll ein Gesetz aus dem Zweiten Weltkrieg angewendet werden, das Unternehmen im Krisenfall zwingen kann, dringend benötigte medizinische Güter zu produzieren. Deutschland hat das Aussetzen der Wirkung von Patenten im Zuge der Pandemie gesetzlich verankert, um im Notfall eine Erweiterung der Produktion durchzusetzen zu können.
Um die Bereitstellung von Impfstoffen für alle Menschen im Rahmen eines globalen Plans zur Beendigung der Pandemie zu fordern, haben sich nun christliche Gesundheitsorganisationen, Gesundheitsnetzwerke und -dienstleister weltweit, darunter das Difäm, Brot für die Welt, der Weltkirchenrat sowie über 30 Netzwerke und Kirchen aus dem Globalen Süden, zusammengetan. Gemeinsam fordern sie von Regierungen, der internationalen Gemeinschaft sowie Pharma-Unternehmen:
1. Covid-19-Impfstoffe zu einem globalen zugänglichen Gut zu machen und sicherzustellen, dass Risikogruppen, darunter auch Gesundheitsmitarbeitende, zuerst geimpft werden – und Dosen, die über diesen Bedarf hinaus gekauft wurden, sofort an die Impfstoffplattform COVAX abzugeben, damit alle Länder impfen können;
2. die globalen Produktionskapazitäten zu erweitern, damit das Angebot erhöht und Preise gesenkt werden. Zu diesem Zweck sollten alle Firmen, die Impfstoffe - oder einzelne Bestandteile - herstellen können, einbezogen werden;
3. die Lizenzen zur Impfstoff-Herstellung an andere Pharma-Unternehmen weiterzugeben, damit sie ebenfalls Impfstoffe herstellen. Hierfür müssten bestimmte Verpflichtungen des TRIPS-Abkommens der Welthandelsorganisation (WTO) ausgesetzt werden (TRIPS Waiver) – wie bereits während der HIV- und AIDS-Pandemie.
„Für die Ausweitung der Produktion braucht es umfassende Transparenz und eine globale Koordinierung durch die WHO. Es muss sichergestellt werden, dass mit allen zur Verfügung stehenden Unternehmen kooperiert wird und dass die Produkte zu Selbstkostenpreisen verkauft werden“, sagt Pruin.
„Zudem darf auch die Herstellung anderer wichtiger Impfstoffe, wie zum Beispiel gegen das Ebola-Fieber, nicht eingeschränkt werden. Solche Entscheidungen können nicht bei Unternehmen bleiben“, so Schneider weiter.
Die Corona-Pandemie betrifft alle Menschen weltweit und hat die bereits bestehenden Ungleichheiten zwischen Arm und Reich, Nord und Süd noch verstärkt: Viele Infizierte sind an ihrer Erkrankung gestorben, viele andere Menschen, insbesondere in wirtschaftlich armen Ländern, haben ihre Arbeit verloren und sind in die Armut getrieben worden. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind vor allem für Menschen in ärmeren Ländern verheerend. Zudem stellt die Pandemie gerade in ärmeren Ländern die medizinische Versorgung grundlegend infrage. „Die Pandemie bedroht die bisherigen Fortschritte zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung für Mütter und Kinder und bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten, wie HIV und AIDS, sowie nichtübertragbarer Krankheiten. Es ist eine Frage unserer Solidarität, alle Menschen in den Blick zu nehmen und allen die Impfstoffe zur Verfügung zu stellen“, sagt Schneider. Christliche Gesundheitsdienste übernehmen bis zu 60 Prozent der Gesundheitsversorgung in Afrika, vor allem in schwer zugänglichen Regionen und Ländern mit niedrigem Einkommen.
Wo das Virus sich weiter ausbreitet, besteht die Gefahr neuer Mutationen, die dann auch wieder Europa bedrohen können. Selbst wenn es einzelnen Ländern gelingt, ihre Ausbrüche einzudämmen, stellen internationaler Handel und Reiseverkehr ein konstantes weltweites Risiko dar. Deshalb ist die Infektionsbekämpfung eine globale Aufgabe, die nur gemeinsam gelöst werden kann.
Die Forderung mit den unterzeichnenden Organisationen finden Sie unter www.tinyurl.com/vhpyb9rz
Pressekontakt:
Pressestelle Brot für die Welt
Renate Vacker
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