Evangelisches Diakoniewerk feiert den 200. Geburtstag seines Gründers Pfarrer Wilhelm Quistorp

Historisches Bild von W. Quistorp und des Hauses DucherowDW MV

Das Evangelische Diakoniewerk ist eine der ältesten diakonischen Einrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern und schaut auf eine ereignisreiche Geschichte zurück. „Das Engagement von Menschen, die sich Gott und ihrem Nächsten verbunden fühlen und ihren Blick nicht verschließen für die politischen, ökonomischen und sozialen Probleme ihrer Zeit, trägt uns nun schon seit mehr als 150 Jahren“, sagt Vorsteher Kai Becker. „Das ist eine Geschichte, auf die wir stolz sind, die uns aber auch verpflichtet, in unserem Tun nicht nachzulassen. Das scheint heute wichtiger denn je zu sein.“ 

Der Ortspastor Wilhelm Quistorp gründete 1865 nach dem Tod zwei seiner Kinder in Ducherow das Hänsel-und-Gretel-Stift, das sich um Waisenkinder kümmerte. Symbolisches Startkapital waren 30 Taler aus der Sparbüchse seines verstorbenen Sohnes. Die zweite Einrichtung, das „Bugenhagenstift“, widmete sich der Ausbildung von Präparanden (Lehrern). Beide Einrichtungen verschmolzen später zum Bugenhagenstift. Die Anfänge in Ducherow waren mühsam und bescheiden, denn es fehlte Geld, geeignetes Land und Personal. „Wilhelm Quistorp glaubte fest an Gottes Hilfe, verbunden mit der Überzeugung für seinen Auftrag“, sagte Vorsteher Kai Becker. „Das half ihm, in vielen Schwierigkeiten die Hoffnung nicht zu verlieren.“ Quistorp hatte während seiner Ausbildung bei Johann Hinrich Wichern, dem Gründer der Diakonie, im Rauhen Haus in Hamburg assistiert. Diese Erfahrung war maßgeblicher Antrieb für sein diakonisches Schaffen. Quistorp konnte nicht über die Not der Menschen predigen ohne seinen Worten Taten folgen zu lassen. 

Am 4. September 1872 wurde dem Bugenhagenstift durch Verfügung des preußischen Königs die Rechtsfähigkeit zuerkannt. Während des 1. Weltkrieges wurden die Gebäude in Ducherow als Lazarett genutzt. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges flohen die Diakonissen des Stettiner Mutterhauses Bethanien nach Ducherow. Viele von ihnen taten bereits vor 1945 dort ihren Dienst, wodurch es nahelag in Ducherow eine neue Heimat zu suchen. Ab 1961 beginnt die Arbeit mit geistig und körperlich mehrfach behinderten Kindern in Ducherow. 1980 entsteht aus dem Bugenhagenstift und der Diakonissenanstalt Bethanien, die bis dahin eigenständig war, das Evangelische Diakoniewerk Bethanien Ducherow. 1991 wird die Bugenhagen-Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) gegründet und umfasst heute Arbeitsbereiche an vier Standorten für 320 Beschäftigte. 

Hinweis: In Ducherow wird anlässlich des Jubiläums eine Ausstellung zur Geschichte im Stiftgebäude gezeigt. Zu sehen sein werden unter anderem historische Trachten der Diakonissen. Eine Diakonisse(-npuppe) wird an einer Schwalbe stehen, denn das Modell der Schwester Agnes aus DDR-Zeiten, die bis heute in aller Munde ist, wurde vom Modell der Diakonisse übernommen. Diese waren schon knapp 100 Jahre früher mit dem Fahrrad – später auch motorisiert – in den Städten und Dörfern unterwegs und betreut und pflegte die Menschen.